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ÜBER MICH
Andreas Irtel - Maler
... wurde 1982 geboren und begann schon früh, sich für Malerei und Zeichnung zu begeistern. Nach dem Abitur folgten allerdings erst einmal verschiedene "Studienversuche" in geisteswissenschaftlicher Richtung:
Zwischen 2003 Religionswissenschaft, 2004 Theologie und schließlich, mit etwas Verzögerung, 2009 Philosophie. In gewissem Sinn war das der theoretische Unterbau für die Themen seiner Malerei, auch wenn keines der Studien zu Ende gebracht wurde. Die Ideenwelten interessierten und beschäftigten ihn dennoch, gerade die christlichen Bilder und Symbole mit der unterschwelligen Kraft, die sie auch in einer scheinbar säkularen Welt noch haben. Als Kernthema kristallisierte sich bald die Frage heraus, wie sich ihre allgemeine, archetypische Bedeutungsgewalt auf das individuelle Leben des einzelnen Menschen herunterbrechen lässt.
Unweigerlich kommt man auf diesem Weg in Kontakt mit den mystischen Strömungen der Religion, nachdem Mystik der wohl intimste und individuellste Ausdruck religiöser Erfahrung ist. Erfahrungen, die häufig offenbar nur mehr in der christlichen Terminologie ausgedrückt wurden, von deren theologischen Dogmen aber weit, weit entfernt waren.
Aber die Mystik ist ein extrem. Daneben stellt sich die Frage, wie die Bilder der Religion die emotionale Erfahrungswelt eines Menschen ausdrücken können, der mit ihnen und in ihnen groß geworden ist und dem sie sich daher unweigerlich zu diesem Zweck anbieten. Am Ende die etwas dreiste Frage: gibt es, nachdem man das "Tal" der Individualität durchschritten hat, auf der anderen Seite dann vielleicht tatsächlich so etwas wie "Wahrheit", irgendetwas allgemeineres, umfassenderes, das Individuelle wieder transzendierendes...?
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AUSSTELLUNGEN
2011 "Galerie im ehemaligen "**********" Wasserburg
Die Gemälde von Andreas Irtel sind sperrig. Sie passen so gar nicht in eine Welt, in der rasches, erfolgsorientiertes und effektives Handeln angesagt ist. Die Auseinandersetzung mit christlichen Werten und Normen wirkt wohl für manchen anachronistisch im Zeitalter der Beschleunigung.
Dennoch glaubt er an die Macht der im Bewusstsein verankerten christlichen Zeichen von denen "[…]wir alle hier in Europa geprägt sind. Da ist das Kreuz, als umfassendes Symbol des Leidens, das aber zugleich Hoffnung, Erlösung, Erneuerung symbolisiert, da ist der Gekreuzigte als Archetyp des (unschuldig) Leidenden, der zugleich für Gott selbst steht. Egal wie finster das Bild scheinen mag, auch ein schwarzes Kreuz behält neben dem dunklen immer auch den lichten Pol, die Erlösung."Diese Ambivalenz ist es, die seine Bilder ausmacht…
Glaube und Zweifel in einem… Aber ist dies wirklich ein Gegensatz oder vielleicht eine uralte Quelle der Kunst?
Die Entscheidung des Zweifelnden sich von gewohnten und vertrauten Mustern zu entfernen beruht doch darauf, dass er etwas als zu gering befindet als dass er es beibehält.
Zweifel bedeutet die Bereitschaft zur Arbeit der Neuorientierung. Wodurch sollte der Wunsch nach Neuorientierung entstehen wenn nicht durch die Hoffnung, dass etwas unbekanntes Größeres existiert.(Eduard Gloner)
2007 "Der andere Blick"
"Galerie Wasserscheune" Erbsen bei Göttingen
Die Bilder von Andreas Irtel sind von einer tiefen Symbolik, die durch die Bildsprache mittelalterlicher Religiosität geprägt ist. Er greift auf Mystiker wie Meister Eckehart und Johannes vom Kreuz zurück, ihre Schriften geben ihm Inspiration zu tief religiösen Bildern, die auch seine Auseinandersetzung mit theologischen Fragestellungen widerspiegeln.
Mit seinen provozierenden Bildern will er den Betrachter in die Auseinandersetzung einbeziehen. Andreas Irtel geht es in seinen Bildern nicht um eine harmonische bildhafte Darstellung, sondern um die Vermittlung der Zerrissenheit in existentiellen Fragen.
Der mittelalterlichen Mystik ging es um die Erfahrung der innigsten Verbundenheit mit Gott. Johannes vom Kreuz spricht von der Schau Gottes.
Er beschreibt den Weg zur Schau Gottes in seiner apokalyptischen Sprache als das Durchschreiten einer dunklen Nacht. Geprägt ist dieser Weg der Reinigung durch Szenen der Hoffnungslosigkeit, der Verlassenheit, des Ausgeliefertseins, der seelischen und körperlichen Qualen. Erträglich wird diese Tortur nur durch die immer wieder aufblitzende Gnade Gottes. Hier stellt sich die existentiellste aller Fragen: Steht am Ende des Leidens die Sinn gebende Erlösung durch die Liebe Gottes oder die ewige Verdammnis?
Zitat von Prof. Dr. Beate Birkigt-Quentin:
Unter Andreas Irtels Werken sind keine harmonisierenden schönen Bilder im traditionellen Sinne zu finden. Er arbeitet zwar mit traditionellen oft religiös verankerten Motiven, löst sich jedoch von allem, was Harmonie bedeutet. Wie Erhart Schröter einmal sagte: Auch Disharmonie kann die Aussage eine Bildes sein. Andreas Irtel geht jedoch weiter: Die Disharmonie wird zur Provokation, zur Infragestellung des Seins, der Betrachter wird in die Auseinandersetzung einbezogen. Er wird mit schmerzhaften existenziellen Fragestellungen bombardiert, konfrontiert, kann sich dem nicht entziehen. Seinsfragen stehen im Vordergrund.
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PREDIGT
Meister Eckhart
Predigt Q 52 "Beati pauperes spiritu"
Die Seligkeit tat den Mund für die Weisheit auf und sprach:`Selig sind die vom Geiste her Armen, denn das Himmelreich gehört ihnen`[Mt 5,3]. Alle Engel und alle Heiligen und alles, was je geboren wurde, das muß schweigen, wenn die Weisheit des Vaters spricht; denn alle Weisheit der Engel und aller Kreaturen ist eine reine Torheit vor der unergründlichen Weisheit Gottes. Diese hat gesprochen, daß die Armen selig sind. Nun gibt es zweierlei Armut: eine äußere Armut, die ist gut und sehr zu loben bei einem Menschen, der es freiwillig aus Liebe zu unserem Herrn Jesus Christus tut, weil der selber auf der Erde Arm war. Von dieser Armut will ich nun nicht weiter sprechen. Vielmehr gibt es noch eine zweite Armut, eine innere Armut, auf die das Wort unseres Herrn zu beziehen ist, wenn er spricht:`Selig sind die vom Geiste her Armen`.Nun bitte ich euch, daß ihr so seid, daß ihr diese Worte versteht; denn ich sage euch: Bei der ewigen Wahrheit, wenn ihr nicht dieser Wahrheit gleicht, von der wir nun sprechen wollen, dann könnt ihr mich nicht verstehen. Ihr habt mich gefragt, was Armut an sich und was ein armer Mensch sei. Hierauf will ich antworten. Bischof Albrecht sagt, daß der ein armer Mensch sei, der nicht sein Genügen hat an allen Dingen, die Gott jemals schuf. Und das ist gut gesagt. Aber wir erklären es noch besser und fassen die Armut in einem höheren Sinne auf: Der ist ein armer Mensch, der nichts will, nichts weiß und nichts hat. Von diesen drei Punkten will ich nun reden, und ich bitte euch um der Liebe zu Gott willen, daß ihr diese Wahrheit verstehen mögt, wenn ihr könnt. Versteht ihr sie aber nicht, dann sorgt euch nicht darüber, denn ich werde von einer so gearteten Wahrheit sprechen, daß nur wenige ausgezeichnete Menschen sie verstehen werden.
Erstens sagen wir, daß der ein armer Mensch sei, der nichts will. Diese Deutung verstehen viele Menschen nicht recht. Das sind Leute, die sich an Buße und äußere Akese halten und das als ihr Eigenstes betrachten: Dinge, die diese Menschen als bedeutend erachten. Darüber möge sich Gott erbarmen, daß die Menschen so wenig von der göttlichen Wahrheit verstehen! Diese Menschen heißen, was ihr äußeres Erscheinungsbild angeht, heilig, aber innen sind sie Esel, weil sie die Bestimmung der göttlichen Wahrheit nicht verstehen. Diese Leute sagen, es sei ein armer Mensch, der nichts will. Das führen sie so aus: daß der Mensch so leben soll, daß er nie mehr in irgendeiner Angelegenheit seinen Willen vollführe; sondern daß er ständig darauf aus sein soll, wie er erfüllen könne, was Gott am allerliebsten wolle. Diese Menschen tun gut daran, denn sie meinen das Richtige, dafür wollen wir sie loben. Gott möge ihnen in seiner Barmherzigkeit das Himmelreich schenken. Aber ich sage - bei der göttlichen Wahrheit! -, daß diese Leute weder arme Menschen sind noch armen Menschen gleichen. Sie werden in den Augen derjenigen Menschen, die nichts Besseres kennen, hoch geachtete. Aber ich sage: Sie sind Esel, die die Wahrheit nicht verstehen. Weil sie das Richtige meinen, mögen sie das Himmelreich besitzen; aber von der Armut, von der wir jetzt sprechen wollen, wissen sie nichts.
Wer mich nun fragte, was denn ein ein armer Mensch sei, der nichts will, dem würde ich darauf antworten und ihm sagen: Solange der Mensch daran festhält zu wollen, indem er den allerliebsten Willen Gottes erfüllen will, hat dieser Mensch nicht die Armut, von der wir sprechen wollen. Denn dieser Mensch hat einen Willen, mit dem er dem Willen Gottes Genüge tun will, und das ist nicht die rechte Armut. Denn wenn der Mensch wahrhaftig arm sein soll, so soll er so entblößt von seinem geschaffenen Willen dastehn, wie er tat, als er nicht war. Denn ich versichere euch bei der ewigen Wahrheit: Solange ihr einen Willen habt (den Willen Gottes zu erfüllen) und begehrt (die Ewigkeit und Gott), solange seid ihr nicht arm, denn der ist ein armer Mensch, der nichts will und nichts begehrt.
Als ich in meiner ersten Ursache bestand, da hatte ich keinen Gott, und da war ich Ursache meiner selbst; da wollte ich nicht, da begehrte ich nicht, sondern ich war ein freies Sein und erkannte mich selbst, indem ich mit der Wahrheit umging. Da wollte ich mich selbst und wollte kein anderes Ding; was ich wollte, das war ich, und was ich war, das wollte ich, und dort stand ich frei von Gott und von allen Dingen da. Aber als ich aus meinem freien Willen hervorging und mein geschaffenes Sein empfing, da hatte ich einen Gott. Denn ehe die Geschöpfe waren, war Gott nicht Gott, sondern er war, der er war. Aber als die Geschöpfe wurden und ihr geschaffenes Sein empfingen, da war Gott nicht in sich selbst Gott, sondern er war Gott in den Geschöpfen. Nun behaupten wir, dass Gott, insofern er Gott ist, nicht das ausgemachte Ziel der Schöpfung ist; ebenso großen Reichtum besitzt die geringste Kreatur in Gott. Und wenn es so wäre, daß eine Fliege Vernunft hätte und den ewigen Abgrund des göttlichesn Seins, aus dem sie gekommen ist, auf vernunftgemäße Weise suchen könnte, dann würden wir dafürhalten, daß Gott mit allem, das er als Gott ist, die Fliege nicht erfüllen und ihr nicht genügen könne. Darum bitten wir Gott, daß wir frei werden von Gott und daß wir die Wahrheit erfassen und mit der Ewigkeit umgehen, wo die obersten Engel und die Fliege und die Seele gleich sind in demselben, als das ich bestand und worin ich wollte, was ich war, und war, was ich wollte. Also sagen wir: Wenn der Mensch arm sein soll in Hinsicht auf den Willen, dann muß er so wenig wollen und begehren, wie er wollte und begehrte, als er nicht war. Und auf diese Weise ist der Mensch arm, der nichts will.
Zum zweiten ist der ein armer Mensch, der nichts weiß. Wir haben einmal gesagt, daß der Mensch so leben sollte, daß er weder für sich selbst noch für die Wahrheit, noch für Gott lebte. Aber nun lehren wir anders und wollen vielmehr sagen: Der Mensch, der diese Armut besitzen will, soll so leben, daß er nichts davon weiß, daß er in einer bestimmten Weise leben solle: weder für sich selbst noch für die Wahrheit, noch für Gott. Er soll vielmehr von allem Wissen frei dastehn, so daß er nicht wisse, nicht erkenne und nicht empfinde, daß Gott in ihm lebt; mehr noch: Er soll frei sein von jeder Erkenntnis, die in ihm lebt. Denn als der Mensch in der ewigen Weise Gottes bestand, da lebte in ihm nichts anderes, sondern was da lebte, das war er selber. Also sagen wir, daß der Mensch von seinem eigenen Wissen so frei dastehen soll, wie er es tat, als er nicht war; und daß er Gott tun lassen soll, was Gott will. Der Mensch aber bleibe davon frei.
Alles, was je von Gott kam, ist in reines Tun verwandelt. Nun ist das eigentümliche Tun des Menschen Lieben und Erkennen. Nun erhebt sich die Frage, wovon die Seligkeit am meisten abhängt. Einige Lehrer haben gesagt, daß sie von der Liebe abhänge, andere sagen, sie hänge von Erkenntnis und Liebe ab, und die lehren das Zutreffendere. Aber wir lehren, daß sie weder von der Erkenntnis noch von der Liebe abhänge. Vielmehr gibt es Eines in der Seele, aus dem Erkennen und Lieben fließen; das erkennt selber nicht und liebt nicht wie die Seelenkräfte. Wer das erkennt, der erkennt, wovon die Seligkeit abhängt. Dieses Eine hat weder Vor noch Nach, und es steht nicht in Erwartung eines Künftigen, denn es kann weder gewinnen noch verlieren.Darum ist es des Bewußtseins beraubt, Gott wirke in ihm; ist es vielmehr selbst dasjenige, das, wie Gott es tut, mit sich selbst umgeht. Also lehren wir, daß der Mensch gelöst und frei dastehen solle, so daß er sich weder bewußt sei noch erkenne, daß Gott in ihm wirkt; dann kann der Mensch die Armut besitzen.
Die Gelehrten sagen, Gott sei ein Sein und ein vernünftiges Sein und erkenne alle Dinge. Dagegen lehre ich: Gott ist weder Sein noch vernünftiges Sein, und er erkennt weder dies noch das. Darum ist Gott frei von allem, und darum ist er alles. Wer nun vom Geiste her arm sein soll, der muß völlig verarmt sein an eigenem Wissen, so daß er sich keiner Sache bewußt ist: weder Gottes noch der Schöpfung, noch seiner selbst. Deshalb ist es notwendig, daß der Mensch sich darauf einstellt, daß er sich der Werke Gottes nicht bewußt werden und sie nicht erkennen kann. Auf diese Weise kann der Mensch arm an Eigenwissen sein.
Drittens ist der ein armer Mensch, der nichts hat. Viele Leute haben gelehrt, die Vollendung sei, nichts mehr von den leiblichen Dingen auf der Erde zu haben, und das ist in bestimmtem Sinne ganz richtig, nämlich wenn es jemand mit Willen tut. Aber das ist nicht der Sinn, den ich meine. Ich habe vorhin gesagt, es sei der ein armer Mensch, der den Willen Gottes nicht erfüllen wolle, sondern so lebe, daß er ebenso frei sei von seinem Eigenwillen wie vom Willen Gottes, so wie er war, als er nicht war. Von dieser Armut sagen wir: Das ist die höchste Armut. Als zweiten Punkt hatten wir gesagt, derjenige sei ein armer Mensch, der sich der Werke Gottes innerlich nicht bewußt sei. Wer sich vom Bewußtsein und der Erkenntnis so frei hält, wie Gott von allen Dingen frei ist - das ist die strahlendste Armut. Aber das dritte, das ist die tiefste Armut, von der wir nun sprechen werden: sie besteht darin, daß der Mensch nichts hat.
Nun paßt genau auf und nehmt das ernst! Ich habe soundso oft gesagt, und auch ein großer Lehrer sagt das: Der Mensch solle von allen Dingen und allen Taten frei sein, sowohl innerlich wie äußerlich, so daß er Gottes eigene Stätte sein könne, in der Gott wirken könne. Jetzt behaupten wir anderes. Falls der Mensch von allem Kreatürlichen und von Gott und von sich selbst frei dasteht, und wenn nur noch das in ihm ist, worin Gott die Stätte findet, in ihm zu wirken, dann urteilen wir: Solange das in dem Menschn ist, solange ist der Mensch nicht arm in der tiefsten Armut. Denn Gott geht in seinen Taten nicht davon aus, daß der Mensch in sich eine Stätte habe, in der Gott wirken könne; sondern das ist Armut des Geistes, daß er so frei von Gott und allem seinem Wirken dasteht, daß Gott, wenn er in der Seele wirken will, selber die Stätte sei, in der er wirken will - und das tut er gern. Denn wenn er den Menschen so arm findet, dann nimmt Gott sein eigenes Wirken auf, und indem Gott in sich selbst wirkt, ist er eine eigene Stätte für seine Werke. Hier, in dieser Armut, erreicht der Mensch das ewige Sein, das er war, das er im Augenblick ist und das er für immer bleiben soll.
Eines ist unklar. Der heilige Paulus sagt:`Alles, was ich bin, bin ich durch die Gnade Gottes`[I Cor 15,10]. Nun wirft diese Predigt Strahlen über die Gnade Gottes hinaus, über das Sein, über die Erkenntnis, über den Willen und über alle Begierde - wie kann dennoch das Wort des heiligen Paulus wahr sein? Darauf antwortet man so, daß die Worte des Paulus wahr bleiben: daß die Gnade Gottes in ihm war, das war notwendig; denn die Gnade Gottes bewirkte an ihm, daß das Zufällige das wesentliche Sein vollendete. Als die Gnade geendet und ihr Werk vollbracht hatte, blieb Paulus danach, was er war.
Also sagen wir, daß der Mensch so arm sein solle, daß er eine Stätte, in der Gott wirken kann, weder sei noch habe. Wo der Mensch einen Ort behält, behält er eine Unterscheidung. Darum bitte ich Gott, daß er mich von Gott frei machen möge, denn mein Sein dem Wesenskern nach ist oberhalb von Gott, sobald wir Gott den Anfang der Schöpfung nennen. Denn in demjenigen Sein Gottes, in dem Gott über dem Sein und über jeder Differenz ist, da war ich ich selbst, da wollte ich mich selbst und beschloß, mich selbst zu diesem Menschen zu machen. Darum bin ich meine eigene Ursache, was mein Sein angeht - das ewig ist-, aber nicht, was mein Werden angeht, das zeitlich ist. Und darum bin ich geboren, und nach der Weise meiner Geburt bin ich sterblich. In meiner ungeborenen Seinsweise bin ich ewig gewesen, bin ich jetzt und werde ich ewig bleiben. Was ich aber bin, weil ich geboren wurde, das wird sterben und zunichte werden, denn es ist der Zeit unterworfen. Darum muß es mit der Zeit verderben.
Als ich gebar und geboren wurde, wurden alle Dinge geboren, und ich war die Ursache meiner selbst und aller Dinge; und wenn ich gewollt hätte, wäre ich nicht da, ebensowenig wie alle Dinge; und wäre ich nicht da, dann wäre auch Gott nicht da. Daß Gott ist, dafür bin ich die Ursache; wäre ich nicht, dann wäre Gott nicht Gott. Sich dessen bewußt zu sein ist nicht notwendig.
Ein großer Lehrer sagt, daß sich zu durchbrechen edler sei als sich zu verströmen, und das stimmt. Als ich aus Gott ausströmte, da sprachen alle Dinge: Gott ist. Und das kann mich nicht selig machen, denn darin bekenne ich mich als geschaffen. Vielmehr bin ich in dem Durchbrechen, in dem ich frei von meinem eigenen Willen im Willen Gottes stehe und frei vom Willen nach Gott und allen seinen Werken und von Gott selbst, über allem Geschaffenen, und ich bin weder Gott noch Geschöpf, sondern ich bin, was ich war und was ich bleiben werde jetzt und für immer. Da empfange ich eine Prägung, die mich über alle Engek stellt. Mit dieser Prägung empfange ich solchen Reichtum, daß mir Gott insofern, als er Gott ist, und in allem seinem göttlichen Wirken nicht genügen kann; denn ich empfange in diesem Durchbruch, daß Gott und ich eins sind. Da bin ich, was ich war, und da werde ich weder weniger noch mehr, denn da bin ich eine unbewegliche Ursache, die alle Dinge bewegt. Genau an diesem Punkt findet Gott keine Stätte mehr im Menschen, denn der Mensch erlangt mit dieser Armut, was er ewig gewesen ist und was er für immer bleiben wird. Genau an diesem Punkt ist Gott eines im Geist, und das ist die tiefste Armut, die man finden kann.
Wer dies nicht versteht, der möge sein Herz nicht damit beschweren. Denn solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleicht, solange wird er diese Predigt nicht verstehen. Denn es ist eine unverdeckte Wahrheit, die ohne Vermittlung aus dem Herzen Gottes gekommen ist. Daß wir so leben, daß wir es in der Ewigkeit verstehen, dazu helfe uns Gott. Amen.
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